nach max frisch
beichte:
gerade wünsche ich mir
du seist blind
dann könntest du mich nicht ansehen
du müsstest mir vertrauen
dass das was ich erzähle
auch der Wahrheit entspricht
und obwohl
ich nicht versprechen könnte
dass ich nicht teile von mir
schöner malen würde
als Lebenskünstlern eigentlich erlaubt
würde ich mich auch trauen
ehrlicher
wenn nicht sogar
ehrlich zu sein
denkst du
mich nicht sehen zu können
entstehen keine erwartungen
an mich
kein bild
das ich erfüllen muss
ich könnte mich verändern
könnte meine narben nach außen tragen
wie ich es ertragen kann
und dir genau dann davon berichten
wenn es sich richtig anfühlt
beichte:
als wäre es nicht schon verwerflich genug
sich die Blindheit eines anderen
zu wünschen
finde ich es schwieriger
zuzugeben
dass ich blind für mich selber bin
noch ein bisschen schwieriger
finde ich es
zu vermuten
dass wir bereits jetzt
ein bisschen blind
für unser gegenüber sind
dass es bereits reichen würde
zuzugeben
dass augen allein
nicht zum sehen führen
einander nicht
zueinander führen
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